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Beitrag vom 22.08.2008
The Collections of Barbara Bloom im Martin-Gropius-Bau
Christiane Krämer
Vom 22. August bis 09. November 2008 zeigt die Ausstellung die Arbeiten der renommierten amerikanischen Künstlerin, die visuelle Kunstwerke ebenso wie kulturelle Formen des Betrachtens inszeniert
Im Rahmen der Berliner Festspiele werden verschiedene Objekte und Fotoarbeiten der in New York lebenden Künstlerin ausgestellt. Bloom gehört neben Cindy Sherman und Richard Prince zu den herausragenden KünstlerInnen der Postmoderne. Die Schau vereint Elemente aus früheren Arbeiten wie "The Reign of Narcissism" und "Esprit de l´Escalier" und gesammelten Alltagsgegenständen, die Bloom mit selbst entwickelten Aufnahmen kombiniert.
Diese Arbeitsweise der postmodernen Fotografin, die Studios meidet, lassen eine Retroperspektive oder Rekonstruktion ihres Werkes nicht zu: Stattdessen versammelt sie "Reste" und stellt sie neu zusammen, um die Beziehung zwischen Objekt und Bild und ihrer Anordnung zu untersuchen. Grenzen zwischen "gefundenen" und fotografierten Gegenständen werden verwischt und zu Spuren zwischen Vergangenheit und Gegenwart – erst im Augenblick der Betrachtung entsteht die Bedeutung. Barbara Blooms "Sammlung" wird so zu einer fiktionalen wie autobiografischen Reise ohne Anleitung, ein Blick auf die Welt, der die Perspektive der BetrachterInnen verschieben soll: "You can see the world in your particular way and norms will fall away."
Dramaturgie der Ausstellung: zur Produktion des Kulturellen
Obwohl jede BesucherIn ihren eigenen Weg durch die Ausstellung finden wird, wie ein Teppich mit Fußabdrücken verbildlicht, sprechen die verschieden farbigen Räume eine eigene Sprache: so thematisiert der erste Raum das "Framing", den Blick durch die Türrahmen als Durchbruch und Begrenzung des Kontextes. Ein Spiegel zeigt das flüchtige Abbild der Betrachterin, die sich bei ihrer Suche nach wertvollen Kunstgegenständen vor einem Wandtresor ertappt fühlt. Fortschreitend vollzieht sich der Wertewandel der Kunst, zerbrechen Bilderträume in Glasscherben und Kristall, zerfallen große Geschichten in winzige Briefmarken, auf denen Cindy Sherman den BetrachterInnen zuzuzwinkern scheint. Fotografien von weißen Sandstränden werden durch entgegengesetzte Bildunterschriften als apolitische Illusion entlarvt. Mit dem französischen Literaturwissenschaftler Roland Barthes gesprochen, werden die Fotos von ihren Unterschriften bis zur Unkenntlichkeit entstellt, Assoziationen eingeflüstert, die mit dem "Original" nichts mehr zu tun haben.
Die Beziehung der Gegenstände untereinander wird schließlich im großen Saal im "Stand In" sichtbar, in dem Stühle neben Kleidern verharren und Bücher zu Stapeln aufgetürmt sind. Unbewusste Anordnungen führen hier zu kulturellen Lesweisen und Metaphern, worauf ein Text an der Wand über Freud verweist. Auf dem Rückweg fällt auf, dass das Ausstellungsplakat die Farben aller Räume zu enthalten scheint. Auf Nachfrage antwortet die Künstlerin: "Ja, könnte sein, es war aber keine Absicht."
AVIVA-Tipp: Das Entstehen von Schatten und Licht, Negativen und Positiven und die Sprache der Farben und gebrochene Blicke - all das verweist auf die Herstellung eines Blickwinkels selbst. So wird der BetrachterIn nicht nur eine neue Perspektive aufgezeigt, sondern die mediale Inszenierung dieser Sicht- und Deutungsweise selbst. Die großartige und detailgenaue Zusammenstellung, welche die Künstlerin eigens für die Räume des Gropiusbaus realisierte, hält überraschende und ironische Momente für KunstliebhaberInnen ebenso wie AnhängerInnen der Postmoderne bereit.
Zur Künstlerin
Barbara Bloom wurde 1951 in Los Angeles geboren. Sie studierte am Bennington College und zusammen am California Institute of the Arts. Mehrere Jahre lebte und arbeitete die Künstlerin in Amsterdam und Berlin. Ausgestellt wurden ihre Werke u. a. im Museum of Modern Art in New York, im Museum of Contemporary Art in Los Angeles und auf der Biennale in Venedig, wo sie den Due Mille Preis erhielt. Sie ist Preisträgerin der Guggenheim-Stiftung, des Wexner Center of Art und des Getty Research Institute. Zurzeit lebt und arbeitet sie in New York City.
The Collections of Barbara Bloom
vom 22. August bis 9. November 2008
Martin-Gropius-Bau
Niederkirchnerstr. 7
10963 Berlin
Öffnungszeiten: Mittwoch bis Montag, 10:00–20:00 Uhr
Dienstag geschlossen
Eintritt:
5 bis 7 Euro
Weitere Infos zur Ausstellung unter:
www.berlinerfestspiele.de